... nach Christian Wulf
Aus dem Dorfbuch von Christian Wulf 1952
Die Landwirtschaft
Ackerbau und Viehzucht
Jeder Grundbesitzer, der Bonde, d.h. Eigentumsbauer hatte Haus, Hof und den umzäunten Garten (Kohlhof) als freies Eigentum, während die Dorfflur das Gemeingut aller war.
Während das Ackerland in große Kampe eingeteilt war, wurden die weiter davon entfernt liegenden Weiden von Hufnern und Kätnern mit einer gewissen Stückzahl von Vieh bejagt. Der Dorfhirte trieb es, auch im Winter, wenn kein Schnee lag, morgens hinaus, hütete es tagsüber und brachte es abends wieder zurück.
Das urbare Feld teilte man in verschieden große Schläge. Jeder Schlag erhielt eine bestimmte Kornart zur Aussaat. Es gab also einen Buchweizenschlag, einen Haferschlag, einen Roggenschlag usw.. Jeder von ihnen zerfiel in so viele Stücke, als Grundbesitzer vorhanden waren.
Hoff (vermutlich Heinrich Ernst von Hoff, 1782-1851, Kartograf, Anm. Red.), schreibt in seinem Buch:
„Auf den Feldern wurden mit einer Meßschnur, Reepning die Ackerstücke so ausgesucht und gekennzeichnet, dass jeder gleichviel und gleich gutes Ackerland erhielt. Zu diesem Zwecke maß man meist recht lange und dabei schmale, etwa 6 bis 16 m breite Landstücke (Rehm) aus.“
Wenn nun gesagt ist, dass die Kampe Gemeindeland (Gemeinheit) waren, so bedeutet das nicht, dass sie gemeinsam Eigentum waren. Ein jeder hatte auf jedem Kamp seine Stücke, über die er frei verfügen konnte. Er konnte sie verkaufen, teilen oder verkleinern, aber es war ihm nicht gestattet, frei zu wirtschaften. In der Schlagordnung waren alle von einander abhängig. Wurde auf dem Kamp Hafer gesät, so mußten alle dasselbe tun. Alle mußten am selben Tag mit dem Dungfahren, dem Pflügen, dem Säen und der Ernte beginnen. Eine stehengebliebende Furche begrenzte jedem seine Stücke.
Aller Landbesitz einer Familie, d.h. so viel Land als man mit einem Pflug bearbeiten konnte, nannte man eine Hufe (Pflug). Da unsere Feldmark leichten Boden hat, sind die Borgstedter Hufen groß (60 ha). Einige Teile der Dorfflur, die sich zur Teilung schlecht eigneten, erhielt ein Hufner. Man bezeichnete ein solches Stück hier und da als Wurt, d.h. eingehegter Platz. Diese Bezeichnung wählte man auch für den den Hofraum und den Kohlhof (Garten).
Die Ackerfelder lagen dem Dorfe am nächsten. Die gemeinsamen Weidenflächen lagen weiter entfernt und grenzten an den Wald, der dem Landesherrn gehörte und und streng beaufsichtigt wurde (Holzvögte). Nur mit seiner Genehmigung durften die Waldstücke, deren Unterholz bereits durch das Vieh vernichtet worden war, gerodert werden. Auf diese Weise entstand ein neuer Kamp. Der Ackerbau war unrentabel und darum war von einem Landhunger wenig zu spüren. Nur die Kätner und Insten erwarben kleine Ländereien.
Tonne auf Tonne war bei der Einsaat von Roggen und Buchweizen nötig. Bei Hafer säte man drei Tonnen auf eine Tonne Land. Gemeint ist die seeländische Tonne zu 340 Quadratruthen. Eine kleine Tonne hatte nur 240 Quardratruthen. (vergleiche Beitrag „Alte Maßeinheiten“)
Betreffs der Ernte schätzten die Taxatoren bei Besitzerwechsel das 4. Korn, d.h. die vierfache Aussaat. Es mag mitunter etwas mehr geerntet worden sein, vielleicht auch mal weniger; jedenfalls waren es im Vergleich zu heute (1952) sehr geringe Erträge. Die heutige Tonne, d.h. der halbe Hektar brachte damals knapp das dritte Korn, während heute das 12. bis 15. Korn gedroschen wird und nicht selten erheblich mehr. Die Preise waren niedrig. 1713 wurde der ganze Ertrag der Tonne Land geschätzt bei Brachroggen auf 4 Rbt 12 Schilling, bei Stoppelroggen auf 2 Rbt 6 Schilling. Wenn man das 4. Korn rechnet, kostete eine Tonne Roggen 1 Rbt 3 Schilling, eine Tonne Buchweizen 25½ Schilling. 1729 kostete eine Tonne Roggen 2 Rbt, eine Tonne Hafer 32 Schilling. 1773 kostete eine Tonne Roggen 3 Rbt 16 Schilling, eine Tonne Buchweizen 3 Rbt, eine Tonne Hafer 1 Rbt 16 Schilling.
Fruchtfolge
Aus dem Amt Hütten liegen recht alte Nachrichten über die Fruchtfolge vor. 1723 war das Feld siebenschlägig unter Feldgemeinschaft. Der Schlag wurde drei Jahre besät: 1. Jahr Buchweizen, 2. Jahr Mist- oder Winterroggen, Ertrag des 3. Korn, das 3. Jahr Magerroggen oder Hafer. Dann lag das Feld 4 Jahre in Weide. Klee und andere Weidegräser wie Raygras und Timothee kamen erst nach 1800 in Gebrauch. Vorher boten die Weiden dem Vieh nur Wildgräser und Unkräuter. Es war im Frühjahr mitunter so mager und kraftlos, dass es geschlöpt werden mußte.
Eichelmast
Neben dem Nutzungsrecht an der allgemeinen Dorfweide hatten die Hufner die Möglichkeit, ihre Schweine zur Eichel- und Buchenmast im Spätsommer und Herbst in die Wälder zu jagen. Nach den Amtsrechnungen des Amtes Rendsburg vom Jahre 1590 (Landesarchiv) trieben Ratke Side, Johann Lentzigk und Johan Sievers 27 Schweine in die Nübbeler Hamme. Die sechs Lembeker Hufner, außerdem Dene und Hans Side trieben 1590 70 Schweine in den Rendsburger Wald. Sie zahlten für die Mast für das große Schwein 8 Schilling, für das junge Schwein 4 Schilling an das Amt. Kätner, die an das Amt kein Schwein (Hitschwein, Pflichtschwein) zu liefern hatten, zahlten das doppelte Mastgeld.
Die Insten
Nach einem Aufsatz von F. Goos, Bordesholm „ Geschichte der Insten im Amt Hütten“. Jahrbuch 1954.
Das Wort „Insete“ „Inst“ „Inste“ erscheint schon im 15. Jahrhundert. Man bezeichnet damit Menschen, die in einem Bauernhaus ein Unterkommen gefunden hatten, die also „dor in seten“. Es waren arme, bedauernswerte Menschen, meist Söhne oder Brüder des Hufners, welche unverheiratet als Knecht oder Tagelöhner dort geduldet und ernährt wurden. Da die Häuser ganz früher keine Stuben, kein „Kammerfach“ besassen, war ein Beieinanderwohnen lästig und es gelang hier und da auf dem Hofplatz oder in dessen Nähe eine Unterkunft zu errichten. Man nannte diese Leute dann Hausinsten. Gelang es ihnen später auch Land zugewiesen zu bekommen, so wurden sie Landinsten genannt. Als solche sind die Vorfahren der Familie Embke hier nachweisbar. Gab der alte Hufner seine Landstelle an den Sohn ab, so ging er auf die Abnahme, ins Ohlenpart, wurde bis an sein Lebensende ernährt und in den Hufenregister als Ohlenpartinste geführt.
Die Wurtsitzer
Die Wurt war ein eingezäunter Platz neben den Bauernhäusern. Man kann sie auch als Nachtkoppel, später Kohlhof und Garten bezeichnen. Hier bestand die Möglichkeit, dem Sohn, der sich als Tagelöhner oder Handwerker betätigte, ein Haus zu errichten und ihm ein entfernt liegendes sandiges oder sumpfiges Stück Land zuzuweisen, so dass er eine Familie gründen konnte. Er wurde ein Wurtsete und zahlte jährlich seine Wurtheuer an den Hufner oder das Amt. Der Flurname Wurt, Würen für Koppel unserer Bauernstellen deutet noch heute auf jene Verhältnisse hin.
Die Kätner
Die Kätner waren Besitzer oder Erbpächter keiner bäuerlicher Stellen. Ihr Land lag außerhalb der Hufenverfassung. Gegen Weidegeld hatten sie Anteil an der Gemeindeweide, jedoch nicht an der Gemeindeverwaltung und Gemeinde-Rechtsprechung. Sie sind Landarbeiter und Handwerker.
Die Kätner, Insten und Wurtsitzer zahlten jährlich eine Heuer an den Hufner oder das Amt. Als Entgelt für den polizeilichen Schutz zahlten sie an das Amt ein sogenanntes Verbittelsgeld von 8 Schilling. 1782 wurde statt dessen die Katengrundsteuer eingeführt und beide Abgaben auf 12 Schilling erhöht.
Die Aufhebung der Feldgemeinschaft - Flurverteilung und Einkoppelung
Die dänische Regierung sorgte für die Bauern durch die Aufhebung der Feldgemeinschaft. Das Gesetz wurde 1760 gegeben. Durch die Vermessung und Einkoppelung wurden die Dorfländereien jetzt Privatbesitz. Es vergingen aber Jahrzehnte bis das große Werk vollendet war. Das diese wichtige Reform bei den Beteiligten Gegenstand großer Sorge war und von ihnen leidenschaftlich erörtert wurde, ist zu begreifen; den es sollte nicht so sein, dass jeder sein Kampland behielt, das er nur mit einem Zaun zu umgeben hatte. Nein, es handelte sich um Aufteilung und eine Neuverteilung der gesamten Flur. Keiner wollte gern von seinem Land hergeben und es gegen anderes Land eintauschen.
Hinsichtlich des Pfluglandes war noch Verschiedenes zu beachten. Ein Stück Land lag besser in der Sonne, eins litt unter Dürre, eins unter Nässe. Dies Stück konnte gepflügt und besät werden. Jenes mußte noch von Gestrüpp, Kratt und Steinen gereinigt werden. Einiges lag hoch, anderes niedrig, dies lag näher beim Dorf, jenes weiter davon entfernt. Solche Schläge wurden mehrfach geteilt, so dass jeder einen schmalen Streifen erhielt.
Es gab leicht Unstimmigkeiten. Unleugbar war die Flurverteilung ein bedeutender Fortschritt. Vielen war die alte Feldgemeinschaft lästig und ein Hindernis gewesen, frei zu wirtschaften und vorwärts zu kommen. Man schuf ein praktisches Wegenetz, das eine Aufteilung in möglichst viereckige Koppeln ermöglichte. Überführungen, d.h. Wege über Koppeln, um nach dahinter liegenden Feldern zu gelangen, waren vermieden, so daß keiner dem anderen zu nahe kam und lästig wurde. Leider blieb eine Anzahl von Fußstiegen. Von Acker zu Acker führten diese durch sogenannte Stegellöcher. Erst 1939 wurden die letzten Fußsteige aufgehoben.
Die Verteilung und Vermessung des Landes folgte die sogenannte Bonität. Es genügte nicht, die Quantität, das ist das Flächenmaß, festgestellt zu haben, sondern es mußte, namentlich zu Steuerzwecken, auch die Bonität, das ist die Güte des Bodens, bestimmt werden. Beide Ereignisse finden wir im Borgstedter Erdbuch von 1805, das sich im Landesarchiv Akte 104 Nr. 476 befindet. Ebenfalls befindet sich dort unter 402 B II 158 die Flurkarte aus dem Jahre 1805.
Nach vorliegender Flurverteilung hatten die Besitzer die Riesenaufgabe, die einzelnen Koppeln durch Erd- oder Steinwälle einzufrieden und auf denselben Paten zu pflanzen. Unsere Väter haben da Taten vollbracht, über die wir staunen können. War die Saat bestellt, war die Ernte beendet, dann ging der Bauer mit seinen Kindern, Knechten und Mägden daran, die Wälle zu errichten. Jeder Erwachsene bekam eine Strecke zugewiesen, auf welcher er Sode auf Sode schichtete. Mädchen oder wohl gar die Frau schaufelten in die Zwischenräume lose Erde. Ausrodungen von Knicks haben gezeigt, daß, ehe der Wall gesetzt wurde, schon Bäume, besonders Weiden als Feldgrenze bestanden, denn freigegrabene Stämme beginnen bereits am Erdboden. Noch weit mehr setzten uns die Steinwälle in Erstaunen. Am Grunde derselben liegen im Laufe der Zeiten eingesunkene riesige Blöcke. Sie sind nicht freiwillig herangekommen, sondern unter viel Mühe und Schweiß an ihren heutigen Liegeplatz gebracht worden. Wir sollten das nie vergessen, sie pflegen und erhalten. Die Knicks auf den Wällen lieferten das Material zum Zäunen, zum Korbflechten, die „Schacht“ für das Strohdach sowie das Brennholz. Vielfach ließ man in bestimmten Abständen einzelne gerade Stämme stehen. Diese entwickelten sich zu Bäumen, welche Kluftholz, für Koffer und Truhen, sogar Nutzholz hergaben. Welch liebliche Landschaft bietet doch unsere Dorfflur, wenn im Mai die Buche grünt, oder wenn im Juni Wallstrecken mit blauen duftenden Syringen (Flieder) überladen sich uns präsentieren!
Ein Opfer der Einkopplung wurden die Dorfhirten. Das Vieh brauchte nicht mehr gehütet werden. Damit war jedoch der Beruf des Schäfers noch lange nicht erledigt. Seine Herde nährte sich auf der Brache, an den Wegen und in der Heide.
Die Buschbestände auf den Buschkoppeln waren durch Rodungen und Umwandlung in Ackerland verschwunden. Unsere beiden Moore lieferten nicht allein für den Hausbrand die nötige Feuerung, sondern auch den Torf für die Befeuerung der Schmelzöfen der Carlshütte. Besonders begehrt waren Torf und Holzkohle.
Die Einkoppelung bei uns zeigt eine große Regelmässigkeit. Wie Tafeln liegen die Felder da. Da der Boden sandig ist und früher geringe Erträge brachte, rechnete man es nicht, wenn einmal einige Streifen nicht eingefriedigt wurden. Das zeigen die breiten Streifen Landes, welche z.B. zu beiden Seiten der Strasse nach R. liegen; auch das breite Rossahlredder.
Den über einen km langen Fuß- und Radweg nach dem Wasserwerk haben die Arbeiter, die Tag für Tag ihr Leben lang nach der Carlshütte gingen, sich selber angelegt. Er ist Eigentum der Gemeinde, die es bei der Polizeibehörde durchsetzte, dass er für Fahrräder wieder freigegeben wurde. Er verschwand beim Strassenbau 1954.
Auf dem Mohr`schen Besitz liegen neun Koppeln aneinander. Die Ehlers-Hufe hat sieben aneinander liegende Kamps. Auch Bauer Haar besitzt größtenteils zusammenhängende Parzellen. Dasselbe gilt auch für die Stellen von Pahl und Greve und auf Borgstedtfelde.
Die Verhältnisse nach der Einkoppelung
Nach der Aufhebung der Feldgemeinschaft konnte sich Fortschritt anbahnen, da der Rührige und Weitblickende nicht mehr durch die Trägen und Gleichgültigen gehemmt wurden. Der Bauer erhoffte von der Einkoppelung bessere Zeiten. Leider wurden seine Erwartungen zunächst nicht erfüllt. Klimatische Vorgänge brachten abnorme Wetterverhältnisse. Alte Chroniken berichten: Anno 1783 war in den Monaten Juni, Juli und August in ganz Deutschland, ja in fast ganz Europa, ein sonderbarer trockener Nebel. Die Gelehrten nannten ihn Herrauch. (Vulkaneruption des Laki auf Island, Anm. Red.) Bei dem heitersten Wetter konnte man von morgens 7 Uhr bis abends 7 Uhr die Sonne nicht sehen. Wenn sie durch den Nebel hervorbrach, war sie blutrot. Die Baumblätter vertrockneten und wenn sie wieder Laub getrieben hatten, geschah es zum 2. Mal, zum 3. Mal. Manche starben ab. Man brachte das in Verbindung mit dem Erdbeben in Italien. Strenge Winter setzten 1784, 1785 und 1786 in Schrecken. Kühle und nasse Sommer folgten und brachten Mißernten, Hunger und Teuerung. Hohe Kornpreise waren die Folge. Der Weizen kostete 6 Rbt., Roggen 5 Reichsbanktaler, 16 bis 17 Mark die Tonne. 1786 herrschte großer Mangel an Weidegras und Heu, dass man Kühe abschaffen mußte. 1787 war die Ernte besser. Bei Reparaturarbeiten am Kirchturm zu Probsteierhagen fand man im Kopf des Turmes ein Pergament, in dem zu lesen war: Nachdem einige Jahre in den hiesigen Landen Mißwachs und teure Zeiten gewesen, läßt die Ernte 1787 bessere Zeiten erhoffen. Es galt indessen kurz vor der Ernte die Tonne seeländisches Maß: Der Roggen 5 Taler (18 M.), Weizen 5 Taler 16 Schilling (19,20 M.), Gerste 2 Taler 32 Schilling (9,06 M.), Hafer 2 Taler (7,20 M.), Buchweizen 2 Taler, Erbsen 3 Taler (10,80 M.)
Die französische Revolution (Beginn 1789) brachte ganz Europa in Gärung und Aufruhr. Das wirkt sich ganz besonders auf die Wirtschaft aus.
Die Herzogtümer litten schwer unter den Kriegsschäden der Jahre 1813 und 1814. (Befreiungskriege, Anm. Red.)
Immer wieder Mißernten und niedrige Kornpreise, allgemeiner Geldmangel, verheerende Sturmfluten an der Westküste.
Auch der Staatsbankrott Dänemarks von 1813 hatte schlimme Folgen. Zur Begleichung der Kriegslasten hatte der dänische Staat seit 1807 immerzu Papiergeld herausgegeben. Weder die dänische Schatzkammer, noch die Altonaer Bank, die ihre Gold- und Silbervorräte hergeben mußten, waren imstande, das Papiergeld einzulösen. Die Scheine sanken in ihrem Wert und wurden zuletzt ganz wertlos. Man richtete eine neue Nationalbank ein und machte das Grundeigentum haftbar. Folgen für unsere beiden Dörfer traten nicht ein. Erst gegen 1830 besserten sich die Verhältnisse. Freilich blieben die Steuern hoch und drückend. Die Kriegslasten wurden immer zur Hauptsache den Landleuten aufgebürdet. Naturallasten, Fuhren waren in Geld umgerechnet und zu steuerlichen Dauerleistungen den Pflichtigen auferlegt worden, wie z.B. das Magazinkorn.
Mit welcher Steuerlast sich unsere Väter herumschleppten, zeigt dieser Strauß einer Vollhufe:
Contribution 24 Rbt., 66 Rbs.
Gemeinheitsabgabe 0 Rbt., 28 Rbs.
Landsteuer 13 Rbt., 88 Rbs.
Magazinkorngeld 11 Rbt., 47 Rbs.
Landessteuerliche Fuhren 1 Rbt., 24 Rbs.
Wegebesserung 7 Rbt., 95 Rbs.
Summe 59 Rbt., 48 Rbs.
Hinzu kommen Polizei-, Kirchen- und Schullasten, Reh- und Hart(Hirsch)geld als Ablösung für Treiberdienste bei Jagden.
Die Bonitierung im Sommer 1848
Die erste Vermessung unserer Dorfländereien war 1805 beendet. Wie aus dem „Erdbuch über Acker und Weideländereien des Dorfes Borgstedt“ hervorgeht, fand damals zugleich die Bonitierung, d.h. Einstufung der einzelnen Parzellen nach Ertragsfähigkeit statt. Die letzte Bonitierung war nach dem Krieg von 1870/71 erfolgt. Oldekop schreibt in seiner „Topographie des Herzogtums Schleswig“ Seite 61, Abschnitt 4: „Es wird der Wert der ländlichen Besitzstellen durch den Grundsteuerreinertrag zum Ausdruck gebracht. In weiten Kreisen besteht der Wunsch, da der Ertragswert des Landes sich erheblich zu Gunsten der geringen Bodenarten geändert hat, nach einer Bonitierung.“
Auf der Grundlage der alten Bodenschätzung entstand später als neue Bewertung der Einheitswert des ländlichen Besitzes. Nach ihm wird er besteuert.
Die alte Bonitierung war im Allgemeinen gut, aber doch im Einzelnen unzulänglich. Die Bonitierungsausschüsse beurteilten den Boden nach den Erdschichten (Profilen) einiger Grablöcher. Sie beachteten aber zu wenig, dass auf einem und dem selben Feld betreffs Bodenzustand ganz erhebliche Unterschiede vorkommen können. Aus diesem Grunde schritt die Oberfinanzbehörde Schleswig-Holstein schon vor dem Zweiten Weltkrieg zu einer Neubonitierung. Sie fand in unserer Gegend erst im Sommer 1948 statt. Die Kommission bestand aus dem „Amtlichen Bodenschätzer“ Murk aus Lübeck, Bauernsohn und früher Gutspächter, den beiden ehrenamtlichen Schätzern Eißfeld aus Harst bei Wittendörp und Sommerfeldt aus Schwedt. Beide waren Flüchtlinge und einst landw. Beamte. Beigegeben war ihnen der Techniker Stenzel vom Katasteramt Eckernförde.
Da ich einen halben Tag an der Arbeit der Kommission teilgenommen habe, kann ich den Verlauf ihrer Tätigkeit beschreiben. Der Techniker vom Katasteramt liefert für jede Parzelle eine große Karte und teilt tagszuvor das zu prüfende Feld durch markierte Linien, welche 50 Meter auseinander liegen, ein. Auf jede Linie stellt er in Abständen von wiederum 50 Metern eine Latte und bezeichnet, auch in der Karte, so die Stelle, wo der Bodenschätzer in den nächsten Tagen von seinem Grabearbeiter eine Bohrstelle herzustellen hat. Der Grabearbeiter treibt mit einer Holzkeule den ein Meter langen hohlen, stählernen Bohrstock (Görbing-Spaten) in den Boden, dreht denselben dreimal um seine Längsachse, zieht ihn heraus und zeigt den in ihm haftenden Boden dem Bodenschätzer. Der zerreibt ihn mit den Fingern, prüft und beurteilt die Erdarten und trägt entsprechende Zahlen, die er dem Ackerschätzungsrahmen, einer Tabelle, entnimmt, in seine Karte ein (Punktwertung). Die beiden ehrenamtlichen Schätzer führen keine Karte, sondern rufen ihre Prüfungsergebnisse dem Amtl. Schätzer zu. Es war mir interessant, dass die Beurteilungsergebnisse der drei Schätzer meistens die gleichen waren. Andererseits wichen sie mitunter wieder erheblich von einander ab, je nachdem man andere Bodenschichten vorfand. Hin und wieder wurde ein einen Meter tiefes Loch gegraben, ausgewertet und besonders in die Karte eingetragen.
Ist die Abschätzung eines Feldes oder einer Wiese fertig, so zeigte die ebenfalls fertige Karte in Abständen von 50 Metern Bodenart und Bodenzustand, wie ihn die Natur geschaffen hat. Der Schätzungsrahmen, eine Tabelle, unterscheidet: Sand, anlehmigen Sand, Sandlehm, sandig. Lehm Lehmton, Ton und Moor. Ist die Dorfflur abgeschätzt, so wird das Feldschätzungsbuch zu jedermanns Einsicht öffentlich ausgelegt. Erfolgt seitens der Besitzer kein Einspruch, so sind die Eintragungen verbindlich.
Die Dorfflur
Acker 380,39 ha
Wiesen 105,18 ha
Dauerweiden 98,42 ha
Garten, Obstanlagen 4,76 ha
Parkanlagen 0,55 ha
Waldflächen 7,22 ha
Landwirtschaftliche Nutzfläche 596,52 ha
Wälle, Knicks 12,77 ha
Gewässer 0,84 ha
Moorflächen (einst) 9,95 ha
Ödland (einst) 27,44 ha
Gebäude- und Hoffläche 7,81 ha
Wege und Straßen 2,98 ha
Unproduktive Fläche 61,79 ha
Hauptberufliche Betriebe 14
Viehbestand
Kühe 198
Jungvieh 190
Pferde 29
Schweine 729
Schafe 2
Federvieh 1400
Bienenvölker 54
Die Kartoffel
Der Anbau von Kartoffeln begann um 1800. Jedenfalls erscheinen um diese Zeit Angaben in den Verträgen. Es ist bekannt, dass die Bevölkerung schwer zu bewegen war, Kartoffeln anzubauen und zu essen, und dass z.B. die preussischen Könige zu drastischen Mitteln greifen mußten, um die Untertanen zu zwingen, Kartoffelanbau zu betreiben. Hier und da brachten süddeutsche Siedler Knollen und Kulturanweisung in unser Land. Ihre Kinder brachten gekochte oder in der Asche gebratene Kartoffeln mit in den Schulunterricht, zeigten und schenkten sie hiesigen Mitschülern oder vertauschten mit ihnen das Schulbrot. Auch auf diese Weise wurden allmählich die Vorurteile beseitigt.
Das von Kriegen angefüllte 19. und 20. Jahrhundert zeigte der Menschheit, dass ihre Existenz vom Kartoffelbau abhängig war. Damit der Staat die stetig wachsende Bevölkerung ernähren konnte, mußte er den Kartoffelanbau durch Forschung voranzutreiben. Das ist in einer Weise geschehen, die uns in Erstaunen setzt. Unter Einschränkung des Kornbaus haben unsere Bauern versucht, übernormale Einnahmen aus dem Kartoffelbau zu erreichen. Welchen Aufwand an Arbeit, welch große Kosten für Gerätebeschaffung und Düngung aber erforderlich sind, das erkennt nur der Praktiker.
Es interessiert, dass im Frühjahr 1956 ein Zentner Frühkartoffeln 21,- DM kosteten und dass von einem Hektar 1955 bis 500 Zentner geerntet wurden. Der nach 1945 einsetzende überdurchschnittliche Kartoffelanbau ging um 1957 durch vom Markt gesteuerte Rentabilität in normale Grenzen zurück. Der ärgste Gegenspieler im Kartoffelanbau war nicht der Kartoffelkäfer – er trat bis 1956 bei uns nicht auf – sondern die Witterung.
Landmaschinen
Der Rohstoff für die ersten Wagen und Landmaschinen war ganz allein das Holz. Aus Holz verfertigte man alle Radteile. Erst allmählich konnte mann stark beanspruchte und leicht abgenutzte Teile, wie die Radringe, Pflugsschare usw. aus Eisen herstellen. Aber der Mensch war immer bedacht, sich das Leben zu erleichtern und seine Arbeit zu verbessern. 1880 erscheinen die Dampfdreschmaschinen. Das Schicksal des Dreschflegels war besiegelt. Dem selben Schicksal verfiel die Sense. 1895 Flügel-Ableger-Mähmaschine USA und Selbstbinder, Grasmäher, Heuwender. Holzhackmaschinen mit Kreissäge. Wochenlang zerkleinerte man das Buschholz mit der Hand. Breitsäe- und Drillmaschinen. Kartoffel-, Pflanz-, Hark-, Rode- und Sortiermaschinen. Elektrische Pumpanlagen. Überall Erleichterung und Beschleunigung der landwirtschaftlichen Arbeiten.
Parallel zur Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung in den Jahren vor und nach dem Zweiten Weltkrieg stoßen wir auf den enormen Bedarf an landwirtschaftlichen Maschinen, ausgelöst durch den Mangel an landwirtschaftlichen Arbeitskräften. Um 1952 kommt in jeden Betrieb der Trecker mit seinen Anschlußgeräten. 1955 erscheint im Dorf der Mähdrescher. Auch die kleinen Betriebe unserer beiden Dörfer besitzen den Personenwagen, den Rübenroder und Stallmiststreuer.
Mergelung und Brache
1770 entdeckte der Hufner P. Göttsch in der Probstei das Mergeln. Um 1800 erkannte man den Wert der Mergelung. Sie brachte der Landwirtschaft einen großen Aufschwung.
Mergel ist kalkhaltiger Ton oder Sand. Man grub ihn in der Gemeindesandkuhle an der Eider und anderswo. Es galt zunächst, ihn bloßzulegen, ihn dann herauszugraben, auf den Wagen zu laden und ihn über den Acker zu verteilen. Das war schwere Arbeit, die zur Hauptsache im Winter getan werden mußte. Der Erfolg war durchschlagend. Die Kornerträge erhöhten sich bedeutend. Die sichtbaren Erfolge gaben dem Ackerbau einen starken Antrieb. Seine höheren Erträge an Korn, Stroh und Kleeheu ermöglichten eine größere Viehhaltung. Leider erkannte man noch nicht die Notwendigkeit des Ersatzes der Nährstoffe, denn die Reservestoffe im Boden wurden verbraucht, sodaß es später starke Rückschläge gab. Man sagte wohl: „Reiche Väter, arme Söhne.“
Die mit der Mergelung eingeführte Brache betrieb man folgendermaßen: Die im Herbst möglichst flachgeschälte Dresch ward im Frühjahr zum ersten Mal Ausgang Mai durchgepflügt. Nach zwei- bis dreiwöchigem Liegen in rauher Furche erfolgte ein Eggen. Anfang Juli geschah die zweite Pflügung und darauf nach zwei bis drei Wochen ein abermaliges Eggen. Anfang August befuhr man das Land mit Stalldung, der sorgfältig untergepflügt wurde. Anfang September erfolgte ein nachmaliges Eggen und gegen Ende des Monats die Einsaat.
Die Beleuchtung der Wohn- und Wirtschaftsräume
„Um des Lichtsgesell‘ge Flamme sammeln sich die Hausbewohner . . .“ so singt Schiller in seiner „Glocke“. Das Herdfeuer erhellte den alten Germanen Wohnraum und Wintertag. Schwer können wir heutigen Menschen uns vorstellen, dass dabei zu leben und schaffen möglich war. Es mußte sein, und in einer Zwangslage schafft menschlicher Geist Abhilfe. Der Höhlenbewohner und Jäger hatte erkannt, dass der Talg gefallener und erlegter Tiere besonders gut und hell brannte und im Talg erkennen wir den Grundstoff zu den ersten Beleuchtungskörpern. Der Funke aus zusammengeschlagenen Flintsteinen flog in den Zunderschwamm, der menschliche Mund diente als Gebläse und trockenes Weidenholz oder kienhaltiges Tannenholz wurden zum Schöpfer und Träger der Flamme. Dass dieser Kienspan, im Hause herumgetragen wurde, Wohn- und Wirtschaftsräume erhellten, will uns schwer in den Kopf.
Im Herbst schlachtete man auf den Bauernhöfen ein fettes Rind.
Ein Teil des anfallenden Talges benutzte man zur Herstellung von Lichtern. Nach der Abendkost drehte die Hausgemeinschaft Dochte aus Schwingelhedengarn. Nur zu den Weihnachtslichten wurde weiche Baumwolle genommen. Fünf bis sechs reihte man auf einen dünnen Stab. Am anderen Tag schmolz man Rindertalg in einem großen Kessel und in ihn hinein versenkte man vorsichtig die an dem Lichtspat hängenden Dochtes. Zog man sie empor, blieb ein Teil des Talges an den Faden hängen und kühlte ab. Dies Stippen geschah so lange, bis die Lichte ihre gewünschte Dicke hatte.
Eine längere Brenndauer hatte das Öl, das man aus Leinsamen herstellte. Ein flacher Ölbehälter mit Streifen aus der Binse hing irgendwo beim Dreschen, Balken an der Wand oder Decke. Diese Funzel wurde abgelöst von der Öllampe, die bis 1880 nach allgemein in Ställen und auf Dielen benutzt wurde. Ihre Nachfolgerin, die Petroleumlampe gab bedeutend helleres Licht, wurde aber mißtrauisch beobachtet beurteilt und zunächst nur in der Wohnstube geduldet. Grundlegend änderte das elektrische Licht alle Beleuchtungskörper, und gleichzeitig verband es mit seiner großen Helligkeit, steigender Sicherheit vor allen Dingen Kraft. Trotz des verlorenen Ersten Weltkriegs wurde schon 1923 die Überlandzentrale, die Schleswig-Holsteinische Stromversorgung, errichtet und unser Land mit elektrischem Strom versorgt. Im Herbst 1958 Strassenbeleuchtung.
Unser Rindvieh
Die Landwirtschaft machte Ende des letzten Jahrhunderts schwere Jahre durch. Hundert Kilogramm Weizen kostete elf bis zwölf Mark. Die Schweinepreise waren auf 28 Mark für den Zentner Lebendgewicht gesunken. Beim Rindvieh hatte man bis dahin hauptsächlich auf Milchleistung gehalten. Die bäuerlichen Betriebe hatten das alte rotbunte Vieh oder daneben die Angeliter Kuh weiter gezüchtet. Jeder zog sein Jungvieh selber auf. Allgemein traten nun Bestrebungen in Erscheinung, auch das Lebendgewicht der Tiere zu vergrößern. Ohne greifbare Erfolge kreuzte man die Angeliter Kuh mit Ostfriesen. Andere, besonders bäuerliche Betriebe wandten sich der Haltung des rotbunten Viehs zu. In unseren beiden Dörfern gibt es bis heute nur eine schwarzbunte Herde. Um so tatkräftiger betreibt man bei uns meist still und außen wenig erkennbar die Rotbuntenzucht. Der Zuchtverband „Rotbunte Schleswig-Holsteiner“ ist straff organisiert und liefert in unsere bäuerlichen Betriebe wertvollstes Zuchtmaterial, das sich durch Körpergewicht, -form, Milch- und Fettleistung auszeichnet.
Als mustergültig bekannte und anerkannte Herden stehen auf den Höfen von Hans Naeve – Borgstedtfelde und W. Lensch – Diekshof.
Der Grundstock der Borgstedtfelder Herde stammt aus den besten Beständen der vor dem ersten Weltkrieg von Detlef Naeve parzellierten Bauernstellen, während die ersten Anfänge des Diekshöfer Bestandes von Land- und Gastwirt Joh. Hinrich Lensch geschaffen wurde. Sowohl Hans Naeve und sein Nachfolger, wie auch besonders Wilh. Lensch haben leidenschaftlich, unter oft nicht geringen Geldopfern, mit beachtlichem Erfolg, hohe Züchterleistungen vollbracht. Dies sei festgestellt, ohne jedoch Bestrebungen und energische Anstrengungen auf gleichem Gebiet bei anderen Betriebsinhabern zu schmälern.
Da der Milchertrag die wichtigste Einnahmequelle der Landwirtschaft darstellt, versucht sie ihn zu steigern. Dies geschieht durch die Kontrollvereine und das Tuberkulose-Ausmerzverfahren. Da wissenschaftlich feststeht, dass durch die Milch von Tbc-kranken Tieren die Tuberkulose auf den Menschen übertragbar ist, wird seitens der Gesundheitsbehörde, also des Staates auf TB-freie Milchviehbestände gedrungen. Als Anreiz dazu zahlen die milchverarbeitenden Betriebe den anliefernden Landwirten einen erhöhten Milchpreis. Heute sind im Lande 60 % der Milchviehbestände tuberkulosefrei.
Die Milchwirtschaft
Als noch der Dorfhirte die Kühe morgens zur Weide trieb, waren diese schon gemolken. Sie wurden wieder gemolken wenn sie abends heimkamen. Der Dorfhirte war ein angesehener Mann. Alle Kuhhalter hielten ihn zum Freund, denn von seiner Aufmerksamkeit und von seiner Tierliebe, von seiner Fürsorge für die Tiere hing viel ab. Er wohnte in der Hirtenkate.
Das Melken war also eine Hausarbeit und eine recht bequeme Tätigkeit. Anders wurde aber später, als die Tiere im Sommer draußen blieben. Da mußte die Bauerfrau oder deren Töchter oder die Dienstmädchen sich die Tracht – jene aus leichtem Holz mit Nackenloch versehene zweiarmigen gleicharmigen Heben auf die Schultern legen. An dünnen Ketten hingen zwei hölzerne Melkeimer. In jedem Frühjahr wurden diese neu gestrichen, außen dunkelgrün und innen rot. Auf der Milch schwamm ein hölzener Teller, damit bei einem Fehltritt der Trägerin der wertvolle weiße Inhalt nicht infolge Überlaufens verschüttet wurde. Man stelle sich nun einmal vor: Die Kühe waren in Winkelhörn in vollem Gras , über drei Kilometer vom Hause entfernt. Da hieß es, die Milch mit der Tracht nach Hause tragen. Man denke an ein Jungmädchen, oder an eine werdende Mutter. Diese Arbeit erforderte einen gesunden und kräftigen Körper. Das gab ein stämmiges Geschlecht.
Melken muß man alltags, sonntags und festtags,einerlei, ob nach dem Garbenbinden in der Ernte, ob bei Hitze oder bei Gewitter und Platzregen. Später hängt man die Eimer an einen Handwagen, vor den man einen Hund spannte.
Die beim Melken gewonnene Milch schaffte man in den kühlen luftigen Melkenkeller und ließ sie durch ein Haarsieb in flache Tonfässer (Föt, Fatt) oder blecherne Milchsätten laufen, die man im Keller zu Reihen oder Abteilungen ordnete. Alle Gefäße, die die Milch von einem Melken enthielten, nannte man „en Sätt“, d.h. ein Satz. In der ruhig stehenden Milch sonder sich eineinhalb bis zwei Tagen der Rahm ab und bildet eine Fettschicht an der Oberfläche in den Gefäßen. Gewöhnlich standen im Keller drei bis vier Satz Milch. Im Sommer, besonders bei Gewitterluft, wurde die Milch leicht sauer.
Abends und morgens wurde je ein Satz abgerahmt. Dies geschah mit einem großen, sehr flachen blechernen Löffel, der Rahmkelle. Den gesammelten Rahm goß man in einen außen und innen sauber gescheuerten Holzbottich, die „Roomstann“, ein mit Holzdeckel versehenen Gefäß von ca. 60 cm Weite und ebensolcher Höhe. Sie stand im Sommer im Keller, im Winter aber neben dem warmen Stubenofen. Hier sollte der Rahm im Verlauf von 24 Stunden sauer werden. Um diesen Vorgang zu beschleunigen, wurde einwenig Buttermilch zu dem Rahm gegossen. Der sauer gewordene Rahm war nicht mehr so leichtflüssig, sondern seimig, etwa wie Pfankuchenteig. Er war nun fertig zum buttern.
Das Buttern geschah täglich am frühen Morgen; in alter Zeit mit dem Stossbutterfass, später nur in Betrieben von zwei bis drei Kühen mit diesem Gerät. Das Stossbutterfass war ein kreisrunder Behälter von etwa 1 m Höhe. Nach oben verjüngte es sich etwas. Unten hatte es 35 bis 40 cm, oben etwa 25 bis 30 cm Durchmesser. Das Buttern geschah durch Stoßen. Der Stoßer bestand aus einer vielfach durchlöcherten Scheibe, in deren Mittelpunkt eine lange senkrechte stehende hölzerne Stange befestigt war. Das Buttern war keine leichte Arbeit. Die Stöße mußten schnell erfolgen und dauerten eine Stunde und oft länger. Mancher Schuljunge mußte erst abbuttern und kam erhitzt und müde zur Schule. Größere Betriebe bedienten sich eines großen Butterfasses, in dem eine senkrecht stehende Achse mit vier durchlöcherten Holzflügel in schnelle Umdrehung gesetzt wurden; entweder für Handbetrieb durch eine Kurbel oder auch durch den Pferdegöpel. Nicht selten mußte der große Hofhund das Buttern besorgen. Man führte ihn in ein auf der großen Diele stehendes senkrecht stehendes, 3 m im Durchmesser haltendes Rad. Dasselbe hatte einen waagerecht stehenden Rand von mindestens einen halben Meter Tiefe. Der Hund begann in diesem Rad zu laufen, brachte es dadurch zum Drehen und setzte so die Transmissionsstange, die durch die Wand in die Küche ging, und so das Rührwerk am Butterfass in Bewegung.
Ein anderes Hunde-Tretrad hatte vier derbe kurze Beine. Ein endloses ungefähr 70 cm breites, vorn und hinten über je eine Trommel führendes Band (Raupe) trug oben den tretenden (laufenden) Hund. Eine solche Buttermaschine war nach 1900 bei Hans Greve in Betrieb. War abgebuttert, d.h. hatte sich die Butter von der Milch geschieden, so nahm die Hausfrau mit einem kurzgestielten Holzlöffel alle Butter aus der Buttermilch und legte sie in die hölzerne Mulde. Nachdem man mit dem Butterlöffel die noch in der Butter vorhandene Buttermilch ausgedrückt hatte, brachte man die Butter zur weiteren Bearbeitung in den großen, aus einem Baumstamm gehöhlten Buttertrog der im Keller seinen Platz hatte. Aus der entrahmten Süßmilch machte man Quarkkäse, Kümmelkäse, „Könkees“ oder den großen Hofkäse. Um diesen herzustellen, tat die Hausfrau, die auf 50 Grad erhitzte abgerahmte Milch in einen großen Holzbottich, die Käsebalge und setzte etwas Labflüssigkeit hinzu, durch welche die Milch zum sofortigen Gerinnen gebracht wurde. Das Gerinnsel hieß jetzt Wrungel. Es wurde unter Beimengung von Salz in ein derbes Leinentuch, Käsetuch geschlagen und in den starken hölzernen Käsekopf gepreßt. Die durch die Löcher desselben austretende Flüssigkeit, die Molke oder Woy war Schweinefutter.
Der Flachs und seine Bearbeitung
Von 1890 bis zum zweiten Weltkrieg hatte der Anbau von Flachs ganz aufgehört.
Der Same „Bien“ oder „Liensaat“ wurde Ende April oder Anfang Mai gesät. Einige Wochen nach der Aussaat mußte das Feld, um den Flachs vor dem Unkraut zu schützen mit der Hand gejätet werden. Das Niederdrücken der Pflanzen durch die jätenden Arbeiterinnen hielt man für wachstumsfördernd. Die wertvolle Spinnfaser befindet sich auf der Außenseite des Stengels. Wenn die Samenkapseln reif waren, dann wurden die Pflanzen aufgezogen und zum Trocknen ausgebreitet, dann mit Bändern aus Roggenstroh in kleine Garben gebunden und aufgestellt. War der Same so weit nachgereift, dass die Kapseln aufsprangen, wurden die Garben eingefahren und auf der Diele mit dem Dreschflegel ausgedroschen, um Samen für die nächstjährige Ernte zu gewinnen. Dann wurde der Flachs auf ein abgegrastes Weideland oder ein Stoppelfeld gebracht und nach Lösung der Bündel wieder ausgebreitet, um die holzigen Teile des Stengels mürbe zu machen und zum Verrotten zu bringen. Nach 14 Tagen wurden die Schwaden mit einer hölzernen Gaffel gewendet und nach weiteren zwei Wochen wieder gebündelt und eingefahren.
Das Braken
An dem früheren Tränkeweg, welcher am Ehlerschen Besitz vorbei führt, befand sich der Brakofen (Brakkuhle) des Dorfes. Auch Borgstedtfelde hatte einen Brakofen. Der Brakofen war ein brunnenschachtartiges Mauerwerk von 1½ bis 2 m Tiefe, das an der Außenseite bis zur Hälfte der Höhe mit Erde beworfen war. Damit der Flachs nicht bis an den Boden niederfalle, ruhte 50 bis 60 cm über diesem ein kreisrunder eisener Rost. Vom Grunde des Brakofens führte ein aus Felsen 2½ bis 3 m langer waagerechter Kanal, ½ m im Geviert haltend, ins Freie, in dessen äußersten Ende man ein Torffeuer entfachte, das die Hitze zum Flachsdörren gab. Auf dem Rost stellte man ein Bündel zum Erhitzen.
Zur Beseitigung der holzigen Teile wurde nunmehr die Stengel mit der Brake gebrochen. Das Geräusch des Brakens hörte man an stillen Tagen weithin: „Dat hölten Hunn bellt!“ Vom gebrakten Flachs wurde jedesmal so viel als eine Männerfaust umspannen konnte, mit einem Flachsbändchen umschnürt. Ein solches Bündel heißt „Röst“.
Das Schwingen
Die beim Braken noch sitzen gebliebenen Holzteilchen (Schef) wurden durch das „Schwingen“ entfernt. Das geschah früher durch mühselige Arbeit, durch die Handschwinge (Schwingbock), später durch die Schwingmaschine. Man kann sie wohl vergleichen mit sich sehr schnell drehenden Windmühlenflügen. Sie sonderte neben dem Schef auch grobe kurze Flachsfasern aus. Die ausgesonderte Heede hieß Schef-Heede oder „Swingelhee“. Die gröbere wurde zu Säcken und Stricken, die feinere für grobes Linnen verwendet.
Das Hecheln
Um die feine Pflanzenfaser von mit holzigen und harten Fasern durchsetzte Heede zu scheiden, wurde jede Handvoll Flachs noch einmal durch die Hechel gezogen. Die Hechel war ein Holzbock der mit an hundert fingerlangen spitzen Eisenstiften besetzt war. Die hierbei gewonnene Heede war die beste. Sie wurde zu großen gewundenen und geschlungenen eiförmigen Klumpen geformt in in Säcken und Truhen aufbewahrt.
Die weitere Bearbeitung
Bäuerin und Dienstmädchen spannen an den Winterabenden die Heede. Sie wurde auf die walzenförmige „Wukken“ gewickelt und davon abgesponnen, während die kurze Heede auf eine „Twele“ vom Spillboom (Pfaffenhütlein) getan ward und davon abgesponnen wurde. Volle Spulen tat man auf den „Spoolknecht“, ein niedriges Gestell mit zwei bis drei Eisendrühten, ähnlich einer Rechenmaschine. Von ihm aus wurden sie abgehaspelt und das Garn dem Weber hingebracht.
Auf der Bleiche
Die grauen Leinenstücke wurden täglich zur Bleiche, einem sauberen Grasplatz beim Hause getragen, nachdem sie die Nacht im Wasser verbracht hatten. Sie wurden mehrfach am Tage mit Gießkannen (Linngeten) gebraust. Damit der Wind die Stücke nicht fortriß, waren seitswärts kleine Ösen aus Gürteband angenäht. Durch sie wurden kleine Pflöcke mit Widerhaken in die Erde getrieben. Im Herbst waren die Stücke weiß.
Geblüht im Sonnenwinde,
gebleicht auf grüner Au
liegt hier es jetzt im Spinde
als Stolz der deutschen Frau.
Drell, Drillich, starke Gewebe aus dreifachem Faden
Dwel, Dweel, Handtuch
Knüppels, Büren mit geklöppelten Spitzen
Brotbacken
Wenn der Brotvorrat auf die Neige geht, lässt der Bauer ein angemessenes Quantum Brotkorn auf die Mühle zu Brotmehl mahlen. Der Backtrog aus einem Baumstamm steht im Backhaus auf zwei Böcken. Er wird mit zwei Dritteln des Mehls gefüllt. Das wird mit einer bestimmten Menge lauwarmen Wassers „Sürwater“ übergossen. Dann wird der Sauerteig zerbröckelt und über die Oberfläche des Mehls verteilt. Wasser, Mehl, Sauerteig und etwas Salz werden zu einem teigigen Gemenge verrührt (Sürn). Nachdem das letzte Mehl über den Teig geschüttet ist, wird der Backtrog je nach der Witterung mit einer größeren oder kleineren Menge wärmehaltendes Zeugs „Barkdeck“ überdeckt, damit der Teig über Nacht gären „upgahn“ kann. Auch der „Stutendeeg“ wird noch an dem selben Abend angerührt. Das Stutenmehl, gesichtetes Roggenfeinmehl mit etwas Weizenmehl wird in ein großes Gefäß getan und mit lauwarmer Milch und Hefe zu Teig gerührt, damit auch er über Nacht gäre.
Am Morgen des Backtages wird der Brotteig gründlich durchgeknetet wobei das letzte Drittel des Brotmehls allmählich in die Teigmasse hinein gearbeitet wird. Nach dem Kneten wird der Backtrog wieder überdeckt und der Teig wird dem Nachgären überlassen. Nach zwei bis drei Stunden ist der Brotteig backreif. Durch Kneten, Drücken und Schlagen gegen die inneren Seitenwände des Backtrogs wird er zu Broten geformt (upslan). Um die für ein Brot erforderliche Teigmenge der Masse zu entnehmen, bedient man sich eines spatenförmigen Geräts des „Deeg- oder Trogmeß“. Ein kleiner Teil des Brotteigs wird in einen Topf getan, mit Salz bestreut und in den Keller gebracht, um beim nächsten Backen als „Surdeeg“ zu dienen. Zuweilen wird auch ein kleines Brot für die Kinder geformt, das diese selber zum Backofen tragen (Pummel). Bevor die Brote zum Backofen getragen werden, überstreicht man sie mit Wasser, Buttermilch, saurer Milch, die Stuten gern mit „Beestmelk“ damit sie glänzend werden.
Der Backofen ist heiß. Die roten Ziegelsteine sind weißglühend. Die Glut wird mittels der Ofenkrücke, „Obenkrück“ aus dem Ofen herausgerakt und durch Wasser erstickt. Die Backofensohle wird mit einem feuchten Besen gereinigt. Die Brote stehen auf Riegbrettern bereit. Sie sollen „gegerstelt“, „gegasselt“ werden. Darum darf die Glut noch nicht aus dem Ofen heraus, sondern muß an die Seitenkanten gerakt werden, so daß in der Ofenmitte eine freie Gasse entsteht. Nun werden zwei bis sechs Brote auf das Gerstelbrett gelegt und auf diesem ein paar Minuten der Ofenhitze ausgesetzt. Dadurch bekommt das Brot eine feste Rinde und einen feinen Glanz. Ist auch die Asche größtenteils aus dem Ofen entfernt, werden alle Brote wieder mit dem „Brotschüwer“ in den Ofen geschoben. Der Backofen wird geschlossen. Etwas später wird das Feinbrot und wohl auch ein „Abenkater“ oder sonstiges Gebäck in den Ofen getan. Das fertige Brot nimmt man mit dem Brotschieber heraus und stellt es zur Abkühlung auf das Brotrieg.
Beim Säuern machte man auf den Teig ein Kreuz.
Büken, ein altes Waschverfahren
Wir Alten kennen es nur zu gut. Es wurde abgelöst durch vorzügliche, fabrikmässig hergestellte Waschmittel, bei denen die Henkel-Sachen heute dominieren. Nach um 1890 wurde die Wäsche und das ungebleichte Linnen „gebükt“. Die Wäsche wurde am Tage vor dem eigentlichen Waschtag in eine große Tonne, die „Büktonne“ getan, welche auf einem Dreibock stand. Über die Tonne wurde ein großes grobes Laken, das „Aschlaken“ gelegt, auf das Holzasche geschüttet wurde. Die wurde zunächst mit kaltem und dann mit kochendem Wasser übergossen. War die Tonne mit Aschenlauge gefüllt, so ließ man diese eine zeitlang auf die Wäsche einwirken. Dann ließ man sie durch ein am unteren Rand der Tonnenwandung befindliches Loch, das durch einen Pflock oder Hahn geschlossen werden konnte, in Eimer ablaufen, um sie von Neuem über die Asche zu gießen, nachdem sie im Waschkessel wieder zum Kochen gebracht worden war. Dies Verfahren wurde so lange wiederholt, bis die Aschenlauge genügend stark war. Dann blieb die Wäsche die Nacht über in der Lauge. Am eigentlichen Waschtag wurde die Wäsche über eine Bank, die Waschbank, gelegt und mit dem Waschholz geklopft, dann in reinem Wasser, möglichst in einem Wasserlauf gespült, geschölt, nochmals geklopft und gespült und dann ausgewrungen.
Döschen
Früher musste die ganze Ernte mit dem „Flegel“ abgedroschen werden. Die Hauptdreschzeit waren die Wintermonate. Oft wurden noch vor Tagesgrauen, bei der Öllampe, einige Lagen abgedroschen. Die auf der Diele ausgebreiteten Garben nannte man eine „Laag“. Man wendete mit der Gaffel (Holzforke) die Garben und drosch noch einmal hinüber. Das schiere Stroh wurde zu Klappen zusammengebunden und zu Boden, oder auf die „Hille“ gebracht. Beim Dreschen wurde gewöhnlich auch gleich das zum Dachdecken benötigte Stroh fertig gemacht. Eine kleine Handvoll gerades Stroh wurde geschüttelt, über eine umgekehrte Hungerharke gekämmt, zu anderen kleinen fertigen Strohmengen gelegt, auf den Fußboden gestaucht und mit zwei Strohseilen zu einem „Schoof“ zusammengebunden.
Beim Dreschen wurde streng daraufgehalten, dass der gleichmässige Takt nicht gestört wurde. Die Borgstedter Dreschdielen sind auffallend niedrig.
Der Dreschflegel besteht aus einem etwa 1,20 m langen Stiel, der sich nach oben etwas verjüngt, - und dem „Klapper“. Er ist 60 bis 70 cm lang und besteht aus harten zähen Holz. Die Verbindung zwischen Stiel und Klapper wurde durch einen starken Lederriemen oder aus Aalhaut hergestellt.
Das Flegeldreschen begann vielfach morgens zwischen vier und fünf Uhr. Erst gegen sechs Uhr gab es „Frokkes“, d.h. Frühkost, Klotzengrütze in Milch und Schwarzbrot mit Schmalz. Wenn der Tag graute, wenn das Vieh gefüttert und gemistet wurde, war der Rücken der Leute schon warm.
Utwiesch – Die Bergung von Heu in der Außenwiese
Unsere Bauern erkannten schon früh den Wert des Wiesenlandes und versuchten mit Erfolg, solches am Unterlauf der Eider oder deren Nebenflüssen zu erwerben, oder zu pachten (Wiesenschür). Kam nun die Heuernte heran, so fuhr man nach diesen Außenwiesen (Utwiesch). Weil die Bergung des Heus im günstigsten Fall wenigstens eine Woche dauerte, mußte man sich darauf einrichten und Vorbereitungen treffen. Man setzte Sensen, Harcken, Forken instand und sorgte auch für kleine Ersatzteile. Da die Heuberger weit ab von menschlichen Wohnungen tagelang hausen mußten, war ein Wohnzelt, waren Eßgeräte, Kochtöpfe und Lebensmittelvorräte nötig, denn wenn die Witterung nicht sehr günstig war, wenn die Eider Hochwasser führte, dann war die Sache faul. Von den am leichtesten zu erreichenden Gehöften holte man sich Milch, oder sonstige Eßwaren. Von Fischern erwarb man Aale. Man erlebte wohl auch den Störfang. Abends wurde gemäht, am Tage ward das Gras getrocknet oder bei drohenden Wolken in Diemen gebracht. Bei gutem Wetter trocknete das Gras erstaunlich schnell. Schlimm war es, wenn die Witterung unbeständig wurde. Dann sank wohl auch den jungen Knechten der Mut. Das Brot wurde knapp, der Buttertopf leer, die Wurst klein. Kleidung und Körper verdreckten. Es kam die Langeweile und die Sehnsucht nach Hause. Ging alles gut, rief man den Heuschiffer. An nächsten Tag wurde die duftende Fracht an unserem Lösch- und Ladeplatz an Land gegeben. Utwiesch brachte harte Arbeit aber auch eine gewisse Romantik besonders für junge Leute.