Interview mit Frau Kruse
Liebe Leserin, lieber Leser,
bei der Erstellung einer Chronik geht es immer um die Betrachtung geschichtlicher Zusammenhänge und die entsprechende Darstellung in Textform.
Besonders interessant wird es, wenn zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch Zeitzeugen ihr Wissen um damalige Geschehnisse einbringen können.
Diese Erkenntnis haben wir uns zu eigen gemacht und mit Frau Kruse und Frau Bundt Gespräche geführt.
Interview mit Frau Ingrid Kruse
Am 9.12.2019 besuchte ich Frau Ingrid Kruse, die Witwe des Posthalters Ernst-August Kruse, der 25 Jahre lang die Poststelle 1 in seinem Haus, Steinberg 5, führte. Frau Kruse bewohnt heute noch das Haus am Steinberg 5 und beantwortete mit Freude meine Fragen.
Mich interessierte besonders die Herausforderung, ein Postamt gewissenhaft zu führen und Erlebnisse, die den Alltag bereicherten.
Frau Kruse erzählte mir, dass ihr Schwiegervater in diesem Hause einen Milchhandel betrieb, dass seine Frau krank war und dass eine Frau her musste. Den damaligen Verhältnissen entsprechend wurde sie eingeladen und auf einem der folgenden Spaziergänge auf der Rader Insel war man sich einig, 1955 wurde geheiratet.
Ihr Ehemann Ernst- August Kruse hatte Meierrist in Bünsdorf gelernt und half seinem Vater im Milchhandel. Als Peter Post, so nannte man Peter Ehmke im Dorf, aus Altersgründen aus dem Postdienst ausschied, bewarb sich Herr Kruse um die Poststelle und wurde auch mit Unterstützung des Kriegsversehrtenverbandes in Rendsburg von der Post als Posthalter I eingesetzt.
Mein Mann liebte den Publikumsverkehr und rechnen konnte er gut, das hatte er als Meierist in Bünsdorf gelernt, so Frau Kruse. Also wurden ein Zimmer und der Stall umgebaut, so dass ein Vorraum und ein Büro entstanden.
Frau Kruse hielt die Räume sauber und übernahm die Vertretung der Zusteller mit dem Fahrrad, später mit dem Auto, sofern sie gebraucht wurde. Lene ist krank und du muss los, so hieß es. Damals waren noch Glückwunschtelegramme im Umlauf und auch die mussten bei jedem Wetter zugestellt werden. Egal ob bei Dunkelheit, bei schlechtem Wetter und auch bei Glatteis. Die Bauarbeiter der Autobahnbrücke über Eider und Kanal wurden noch mit den sog. Lohntüten bedient und die wurden von der Poststelle zugestellt. Also, so Frau Kruse, rauf auf das Fahrrad, den Damm hoch und einen versiegelten Umschlag mit den Lohntüten dem Vorarbeiter übergeben. Auf meine Frage, ob sie denn nicht Sorge hatte, überfallen zu werden, antwortete Frau Kruse, es wusste ja keiner, wann ich mit dem Geld unterwegs war.
Ein herzliches Dankeschön für das Gespräch, Eckhardt Heinze